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Superungeil

Ich muss mich mal outen: Ich finde die die vielfältigen medialen Kreationen, mit denen Politiker und Parteigliederungen auf sich aufmerksam machen, häufig sehr drollig. Ob es die CDU samt Kuh aus Ahaus oder die Mission der Jungen Union aus Tempelhof-Schönberg ist,  die Leute habens ich Gedanken gemacht und hingesetzt und Arbeit reingesteckt in ein Ehrenamt. Das ist viel mehr, als sich viele Leute in unserer Gesellschaft überhaupt befleissigen zu tun.

Nun viralisierte ja vor einiger Zeit dieses Supergeil-Video, welches von einem Berliner Musikprojekt namens Der Tourist produziert wurde. Aufgrund des Zuspruchs hat sich dann gedacht, geben wir den ganzen Leuten doch die Möglichkeit, sich hier kreativ zu betätigen.

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Quelle: Screenshot https://www.facebook.com/dertouristberlin/posts/10203305286932721

Das hat sich auch die Junnge Union Darmstadt zu Herzen genommen und mit einem freien Beat an Anlehnung an das Ursprungslied ein Video kreiert. Das Video wurde  aus dem Netz genommen – ich hab das Video auch vorher nicht gesehen, kann also nichts zur Qualität sagen –  denn jetzt kommt der superungeile Part:

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Quelle: Screenshot https://www.facebook.com/dertouristberlin/posts/526933067418881

Jetzt plötzlich will man also gefragt werden? Nachdem man am 3. März noch groß verkündet hat, man könne damit machen, was man will? Aber es ist ja egal, schließlich hätte man es der JU nicht erlaubt, weil es die JU ist. Passt ja so gar nicht in das hippe, urbane, irgendwie linke (und finanziell vollkommen am Boden liegende) Berlin.

Ich finde es schon ein wenig merkwürdig: Die Union als einzige Gruppierung, die mehrheitlich Urheberrechte recht rigide gerade im Netz stärken und damit Künstlern einen Teil ihres Einkommens zu erhalten, wird von vielen Künstlern eher milde belächelt, wenn nicht sogar abgelehnt. Wäre ja mal ein supergeiler Gedanke, sich über solche Zusammenhänge klar zu werden.

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Ranzige Butter

Nachdem ich mich erst kürzlich über die sehr fragwürdigen Folgen von Scherzbetreffen bei Überweisungen moquiert habe, bin ich heute über den Streit um ranzige Butter gestolpert.

Laut Medienberichten hatte eine Kundin ranzige Butter gekauft. Ärgerlich, fürwahr. Die Kundin brachte diese Butter zurück und bekommt, das war der Presse nicht zu entnehmen, wahrscheinlich entweder ihr Geld zurück oder neue Butter. Bis zu diesem Punkt ein normaler Vorgang, wie ich ihn von meiner Sozialisation und Geisteshaltung auch nachvollziehen kann. Für mich wäre der Vorgang nun abgeschlossen.

Jetzt passierte Folgendes: Die Kundin fragte mehrfach bei Aldi Nord nach  Laborergebnissen. Diese wollte Aldi nicht herausgeben, die Kundin ging zu Foodwatch und diese Organisation übernahm die Anwaltskosten für die Klage auf Herausgabe der Laborergebnisse. Aldi gab dann irgendwann die Ergebnisse doch heraus und die Kundin bekam ihre Auskunft.

Am liebsten würde ich jetzt wieder das Jackie Chan Meme bemühen: Mit was für Problemen beschäftigen wir uns eigentlich heute in dieser Gesellschaft? Zwei Päckchen ranzige Butter? Ernsthaft? Da war jetzt kein Rattengift drin oder Rasierklingen. Die war ranzig.

Ich für meinen Teil hätte die Butter wohl weggeschmissen. Für die 3,50 Eur0 wäre ich nicht nochmal zu Aldi gefahren. Beim nächsten Mal hätte ich dann in der Filiale Bescheid gesagt und neue Butter gekauft. Ist die in Ordnung, buche ich das als Einzelfall, ist die wieder nicht in Ordnung, kauf ich eben künftig woanders. Und gut ist.

Es geht mir nicht darum, das Recht der Kundin einschränken zu wollen – nur geht mir diese Denkweise vollkommen ab, dort irgendwelche Laborergebnisse haben zu wollen, mehrfach nachzufragen oder gar zu klagen. Und wenn sich dann solche und ähnliche Vorfälle häufen – und es Lobbyorganisationen gibt, die das auch noch unterstützen – dann frag ich mich wirklich, wo es gesellschaftlich hingeht.

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Was läuft hier nur falsch?

Der Bayrische Rundfunk hatte berichtet, dass ein Bankkunde, der einem Freund in der Schweiz Geld überweisen hat mit einem Scherzbetreff nun die nächsten 10 Jahre auf einer schwarzen Liste der Bundesbank steht.

Was war passiert: Ein Bankkunde mit islamisch klingendem Namen hatte einem Freund für einen Urlaub Geld überwiesen. Um den Freund zum Lachen zu bringen, hatte er in den Betreff für die Überweisung „danke für die nacht … kommune1 … bin laden.“ eingetragen. Ob das nun jeder lustig findet, oder nicht, ist in meinen Augen unerheblich. Ich finde unter Freunden bei kleineren Beträgen Spaßbetreffe durchaus nicht unüblich.

Nun gibt es wohl ein automatisiertes System, dass nach bestimmten Wörtern filtert, um Geldwäsche und Terrorismusfinzanzierung zu entdecken. Allein die Kreativität der Schlüsselwörter hat mich zutiefst beeindruckt. Da „bin laden“ wohl ein Kennwort in der Terrorismusfinanzierung ist, sollten Leute, die Geld waschen lieber keinen Betreff verwenden wie „Schwarzgeld aus Drogenhandel“.

Auch, wenn wohl alle Beteiligten der Ansicht sind, der Verdacht ist unbegründet, steht der Kunde jetzt 10 Jahre auf einer Liste seiner Bank und der Bundesbank – wohl gemerkt: bei einem UNBEGRÜNDETEN Verdacht. Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass es Auswirkungen auf Kredite, Reisen, etc. haben kann. Das war der Punkt, wo ich das erste Mal dachte, irgendwas läuft hier aber vollkommen schief. Oder um es mit einem Meme zu sagen:
What the Fuck Meme

Jetzt passiert in einem zweiten Schritt etwas, was mich fast noch mehr aus der Bahn wirft: Das ganze Verfahren wird kritisiert – in meinen Augen zu Recht. Aber die Hauptkritik, die derzeit vom Bayrischen Datenschutzbeauftragten vorgetragen wird, dreht sich um den Output und die Konsequenzen für den Betroffenen. Das bayrische LKA findet das Instrument total toll, das bayrische Innenministerium verweist nur dorthin und die SPD-Landtagsfraktion möchte eine wissenschaftliche Begutachtung.

An diesem Punkt konnte nicht einmal das Jackie-Chan-Meme ausdrücken, was ich dachte. Wird da allen Ernstes über dieses System diskutiert? Bin ich der Einzige, der bei der Verknüpfung von „bin Laden“ im Betreff und ausgelösten Alarmglocken in Sachen Terrorverdacht schon am dem Punkt war, wo er den Stecker ziehen wollte und zwar ohne große ernsthafte Diskussion? Dazu genügt doch manchmal wirklich der gesunde Menschenverstand.

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Die Sache mit dem Fliegengitter…

Wie die Augsburger Allgemeine berichtet (und spätestens in den nächsten Tagen die großen Boulevardblätter bestimmt aufgreifen werden), wird ein Käufer, der eine negative Internetbewertung bei Amazon eingestellt hat, vom bewerteten Händler auf Schadenersatz verklagt. Es geht um nicht ganz unstattliche 70.000,- € Schaden, die dem Händler aufgrund dieser negativen Bewertung entstanden sein sollen.

Auch, wenn ich spätestens bei der für Schadenersatz nötigen Kausalität größere Probleme sehe, von der Höhe des Schadens mal ganz abgesehen, ist für mich die viel spannendere Frage:
Wer zur Hölle hat den Hersteller dieser Fliegengitter in Sachen Kommunikation beraten?
Auch, wenn im Ursprungsartikel kein Hersteller genannt wird, ist es doch sehr wahrscheinlich, dass irgendwann dessen Name fällt. Und dann dürfte ein veritabler Shitstorm über diesen hereinbrechen, wie ähnliche Fälle in der Vergangenheit zeigen. Wenn sich eine solche Aufregung lange genug hält, dann könnte das Ausmaß einen Umsatzverlust nach sich ziehen, der die 70.000,- € in ganz anderem Licht erscheinen  lässt. Ob diese Klage also der klügste Schritt war, bleibt abzuwarten…